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  • kathreinjane

Kräuter 1 mal 1: Hildegard von Bingen

Aktualisiert: 7. Feb. 2021

Hildegard von Bingen steckt in Keksen, Teemischungen und Rezeptbüchern. Die Theologin ist auch bei vielen Menschen bekannt, die nichts mit Kräutern und Naturheilkunde am Hut haben. Als Ikone der Selbstbestimmung wird sie bis heute gefeiert, freiwillig ist sie diesen Weg wahrlich nicht gegangen. Und auch nicht jede Mixtur, die wir heute im Reformhaus erstehen könne, ist auf die Theologin und Kräuterkundige zurückführbar. Die Linie "Hildegard von Bingen" wurde erst lange nach ihrem Tod erfunden.


»Vom Wacholder: Der Wacholder ist mehr warm als kalt und bezeichnet das Übermaß. Nimm daher von seiner Frucht und koche sie im Wasser, und seihe das Wasser durch ein Tuch, dann gib diesem Wasser Honig bei und etwas Essig und Süßholz und weniger Ingwer als Süßholz.«. Auszug aus einem Rezept zur Linderung von Brust-, Lungen- und Leberbeschwerden in "Physica", einem der bekanntesten Werke von Hildegard von Bingen.


Über fast keine Frau des Mittelalters ist so viel bekannt wie über Hildegard von Bingen. Als zehntes Kind in einer Familie, war sie wie für damalige Verhältnisse bekannt für das Klosterleben vorgesehen. Im Alter von 14 Jahren zieht sie mit ihrer älteren Schwester Jutta, in eine Klause nahe dem Benediktinerkloster Disibodenberg. Nach Juttas Tod übernimmt die Klause, sie ist 38 Jahre alt. Man schreibt das Jahr 1136. 1150 gründet sie ein Kloster und im folgenden Jahrzehnt entstehen ihre zwei zentralen natur- und heilkundlichen Werke. 


Nach den Seuchen und politischen Wirren des frühen Mittelalters gab es kaum Ärzte oder vergleichbare medizinische Versorgung außerhalb der Volksheilkunde. Vor allem Benediktiner- und Benediktinerinnenklöster errichteten Krankenstation. Hildegard von Bingen befasste sich mit theologischen Visionen, sie komponierte Musik, und auch mit den Naturwissenschaften. Sie galt als Kräuterwissend, hatte in Wahrheit eine Grundbildung und führte ihre Erfahrungen sowie das ihrer Umgebung zusammen. Das führte wohl dazu, dass sie manche Pflanzen anders einsetzte als damals üblich. Sie schätzte Ingwer, so wie schon die Römer, und ließ diesen aus Asien importieren Eingesetzt wurder er bei Erkältungskrankheiten oder bei Magenverstimmungen. Ihre medizinischen Werke fanden übrigens erst im 20. Jahrhundert größeres Interesse.


Die Hildegard-Medizin, wie wir sie aus dem Reformhaus kennen, wurde erst viel später erfunden. Der Salzburger Arzt Gottfried Hertzka glaubte an die visionäre Herkunft der Erkenntnisse der Hildegard von Bingen. Er begann mit dem Apotheker Max Breindl in den 60er-Jahren auf Grundlage der medizinischen Schriften von Bingen Rezepturen zu entwickeln. In den 70ern prägte er den Begriff »Hildegard-Medizin«.

Bildquelle: creativecommens, Miniatur aus dem Rupertsberger Codex des Liber Scivias

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