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Usnea - Frühwarnsystem und Hustenlinderer


Flechten sind häufig erste Vorboten großer Veränderungen im Ökosystem. Ihr Vorkommen sagt viel über die Qualität der Luft aus, ob Stoffe im Übermaß vorhanden sind oder wichtige Nährstoffe fehlen. Seit in den 80er Jahren durch den sauren Regen Flechtenvorkommen stark beschädigt wurden, werden diese Bioindikatoren als Frühwarnsystem genutzt. Wissenschafter aus Österreich warnen schon länger, denn der Bewuchs von Flechten auf Baumstämmen sei seit Mitte der 1990er Jahre stark zurückgegangen.


Den Bestand der Flechten zeigen Untersuchungen am Zöbelboden, ein Forschungsstandort der im oberösterreichischen Nationalpark Kalkalpen liegt und von Umweltbundesamt und den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf) gemeinsam mit dem Nationalpark Kalkalpen betrieben wird. Dort sind Wissenschafter rund um den Flechtenforscher Roman Türk zu dem Ergebnis gekommen, dass die Flechtenvielfalt

um rund 20% abgenommen hat, auch die Artenzusammensetzung hat sich zugunsten stickstoffliebender Arten verändert. Ursache für diese Veränderungen seien vor allem Stickstoffeinträge aus der Luft, auf die Flechten sehr sensibel reagieren, so Türk.


„Zur Erkennung der Schadstoffbelastung der Bäume müssen Blätter und Nadeln chemisch untersucht werden“, erklärt Rudolf Freidhager, Vorstand der Österreichischen Bundesforste in einem Beitrag. Bartflechten wie der Gewöhnliche Baumbart (siehe Bild) kommen nur in Gegenden vor, in denen die Luft sauber ist. In Deutschland ist der Gewöhnliche Baumbart inzwischen vom Aussterben bedroht.


Lebensgemeinschaften. Flechten sind botanisch betrachtet eine Symbiose aus Pilzen und einen oder mehreren Photosynthese betreibenden Partnern, Grünalgen oder Blaualgen (Cyanobakterien). In dieser Lebensgemeinschaft entstehen die charakteristischen Flechtensäuren, am bekanntesten ist die heilkräftige Usninsäure. Flechten stellen hohe Ansprüche an ihren Lebensraum und brauchen ein Umfeld in dem sie sowohl Stickstoff als auch CO2 speichern können. Haben sie ihre ökologische Nische gefunden, sind sie sehr widerstandsfähig, können auf Untergründen wie Fels und Stein wachsen und im Winter Temperaturen von bis zu minus 40° Grad aushalten. In Deutschland ist der Gewöhnliche Baumbart stark gefährdet, so wie nahezu jede Flechten- und Moosart unter Naturschutz stehen.


Furtwanger Bodenwälder. Foto: Andreas Praefcke/ wikimedia commens


Brauchtum. Mystisch mutet der von Baumbart durchzogene Wald an - diese Flechte bildet bis zu 30 cm lange gelbgrüne „Bärte“, die von Ästen herabhängen. Ihre hängende, strauchähnliche Optik weist auf die volkstümliche Bezeichnung Alt-Männer-Bart hin. Bartflechten werden seit jeher für das Feiern des Brauchtums verwendet, in Tirol werden etwa für einzelne Figuren der Fasnacht Ganzkörperanzüge aus Bartflechten genäht. In der Telfer Fasnacht, dem Telfer Schleicherlaufen haben z. B. die Wilden unter anderem auch die Aufgabe beim Umzug für Ordnung und ausreichend Platz für nachfolgende Gruppen zu sorgen. In Tarrenz sind es statt Flechten Moose, die sich die Moosmandl als Anzug überziehen. Auch in der schwäbisch-alemannischen Fasnacht in Furtwangen im Schwarzwald gibt es eine Einzelfigur deren "Häs" (Hose) ganz mit Bartflechten behängt ist: der Bodenwälder.


Einer der "Wilden" beim Telfer Schleicherlaufen, die auch die Aufgabe haben beim Umzug für Ordnung und Platz für die nachfolgenden Gruppen zu sorgen. Foto: AnHo71/ wikimedia commens


Volksheilkunde und Medizin. Vor mehr als 4.000 Jahren nutzen die alten Ägypter die Bartflechte zur Behandlung verschiedener Erkrankungen. Auch im europäischen Raum setzt man sie schon seit etwa 1.000 Jahren erfolgreich ein. Als Tee, Tinktur oder Salbe findet die Bartflechte in der Volksheilkunde und der Medizin aufgrund ihrer Inhaltststoffe wie Bitterstoffe, Lichenin (Stärke), Schleimstoffe, Ballaststoffe und Flechtensäuren schon lange Anwendung. Das Verräuchern ist wiederum in Vergessenheit geraten.


Zutaten für eine Räuchermischung zur Erkältungszeit:

1 Teil Bartflechten, 1 Teil Qendel (Feldthymian) und/oder Fichtennadeln.

Wird über einem Stövchen verräuchert.


Wirkung. Durch ihre antibiotische Wirkung sind die Flechten eine Wohltat für gereizte Atemwege und können Husten sowie Lungenleiden lindern. Hier kurz die Haupt-Inhaltsstoffe: Usninsäure, Gerbstoffe und Vitamin C. Wirkung: antibakteriell, antibiotisch und entzündungshemmend. Sie wird zur Behandlung von Mandelentzündungen, Rachenentzündungen, Hautentzündungen, Darmerkrankungen, Erkältungen und Grippe eingesetzt. Volksmedizin: Anwendung (Tee, Tinktur) als Kur, nicht länger als 3 Wochen.

Natürlich kann dieses Wissen den Besuch einen Arztes nicht ersetzen!


Auch die Kosmetikindustrie hat die konservierenden Eigenschaften entdeckt, als Präparat wird die Bartflechte als Wundauflage oder Umschlag verwendet oder als Bestandteil von Deodorants. Als Badezusatz hilft sie zur Behandlung von Hauterkrankungen. In der Schulmedizin findet die Bartflechte Anwendung in Form von Lutschpastillen, sie legen sich wie ein Schutzfilm um die Rachenschleimhaut und behandeln Mandel- und Rachenentzündungen. Die Bartflechte therapiert mit ihren antibakteriell wirkenden Inhaltsstoffen Infektionen wie Staphylokokken und Streptokokken. Auch zur Behandlung von Pilzinfektionen wird diese Flechte eingesetzt.


Bartflechtentinktur selber ansetzen:

1 Teil getrocknete Flechte, 3 Teile Alkohol (70 Prozent).

3 Wochen ziehen lassen, abseihen/ filtern.


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