Tag 3 bringt den Hunger. Inzwischen träumen die Jungs von „Seven versus Wild“ von dicken Burgern mit Käse, das tägliche Heidelbeerpflücken verbraucht mehr Energie als die Beeren bringen. Die Beeren sind die einzige Nahrungsquelle für den Moment.
Tag 3 von insgesamt sieben in der schwedischen Wildnis ist angebrochen. Sieben Männer mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen in Camping, Bushcrafting und Outdoor haben sich am See Naren in Schweden aussetzen lassen, 1 km² Bewegungsfläche von dem sie sich auch nicht signifikant entfernen dürfen. 500 Meter nach links, 500 Meter nach rechts und soweit ins Landesinnere wie sie möchten oder können. Jeder zu Fuß zurückgelegte Meter verbraucht Energie. Mit maximal sieben Gegenständen im Gepäck, versuchen sie in der schwedischen Wildnis zurechtzukommen. Ob nun Messer, Feuerzeug, Schlafsack, Plane, Angelset, Hängematte, Paracort, Säge, Hygienekit oder Wasserfilter besser weiterhelfen, erleben wir hautnah mit. Die Episoden sind unterschiedlich lang, je nach Aufnahmequalität des Materials.
Vorweg. Es ist für die meisten der Teilnehmer herausfordernder als gedacht. Die deutsche Reality-Show läuft seit 6. November auf YouTube und ist eine Produktion von Fritz Meinecke. Fernab von Wildnis-Romantik berichten die Abenteurer von den täglichen Herausforderungen die Einsamkeit, Hunger oder Nässe heißen. Tränen fließen, nächtliche Wutanfälle folgen. Isolation ist die Herausforderung für den Einen. Nahrungssuche, das Bauen/Finden eines Unterschlupfs, den Aufbau eines Schlafplatzes, das Bestehen der vorbereiteten Aufgaben und das Filmen dieser Tätigkeiten für die Anderen. Immerhin sind die Jungs durch die Lage an einem Seeufer verlässlich mit Wasser versorgt. Ohne die gewohnte Ausrüstung wird selbst das Angeln für einen Profi zur kräfteraubenden Herausforderung. Den kleinen Fisch essen, weil der Magen knurrt, oder damit den Köder für einen noch größeren auswerfen?
Hype ungebrochen. 2 Millionen Aufrufe haben die ausgestrahlten Folgen durchschnittlich, der YouTube-Kanal hat inzwischen 483.000 follower. Angesprochen fühlen sich zumeist Jugendliche, so auch meine persönliche Beobachtung. Diesen Hype habe sich Fritz Minecke so nicht erwartet erklärt er im Interview. „Leute stellen sich den Wecker und treffen sich um die Episode gemeinsam anzuschauen.“ Ob sich der Hype bis Folge 16 aufrechterhalten lässt, bezweifelt aber auch er und appelliert im selben Atemzug an die Streamer, bis zum nächsten Tag mit der Verbreitung der neuen Folge zu warten.
10.000 Euro für den guten Zweck. Lost, um es mit den Worten der Jugendlichen zu sagen, sind die Männer nicht wirklich. Trotz Wildnis gelten auch ein paar Regeln: nach dem Aufwachen sind die Kandidaten dazu verpflichtet, über einen Totmannschalter ihr Wohlbefinden zu bestätigen. In einem versiegelten Umschlag finden sie die tägliche Aufgabe („Challenge“). Die Teilnahme an diesen Aufgaben ist freiwillig, bringt aber Punkte. Wer bis zum Ende durchhält und die meisten Punkte gesammelt hat, ist der Gewinner von 10.000 €, die er an eine wohltätige Organisation seiner Wahl spenden wird.
Wo endet die Komfortzone? Der Schafsack ist nass, der Hals juckt, nachdem sich eine Raupe im Pullover verkrochen hat, der Magen knurrt - aufgeben oder nochmals darüber schlafen? Ein Anruf an das OK-Team würde genügen und man wird wieder „rausgeholt“ aus der Wildnis. Als Zuseher lebt man die verschiedenen Gefühlszustände mit, die zugegeben langen Episoden werden meistens kurzweilig, man bekommt Respekt vor der Wildnis, so etwas wie Ehrfurcht taucht auf.
Wer tiefer eintauchen will, kann an Fritz Meinecke im Diskussionsforum mittels Live-Stream auf Youtube seine Fragen stellen: „Hättest du in dieser Situation auch so gehandelt“ wird hier diskutiert und warum vertragen manche Blaubeeren und andere nicht. Wildniswissen in kleinen Häppchen will dieses Format vermitteln und das gelingt. „Die Leute gehen jetzt hoffentlich mit mehr Respekt heran“, wünscht sich Fritz Meinecke, der sich selbst als Abenteurer mit Leib und Seele bezeichnet und das beweist er auf Trekkingtouren, vereisten Klettersteigen oder in Bunkern.
Staffel zwei. Seit 2015 dokumentiert Fritz Meinecke seine Abenteuer auf seinem YouTube-Kanal und war damit auch schon in diversen Talk-Shows zu Gast so auch bei Markus Lanz und ZDF. Wird es eine zweite Staffel geben? Vielleicht, wenn ja mit ein paar Änderungen, lässt der Ideengeber offen. Neue Teilnehmer, neuer Ort und eventuell einer Wildcard für einen Abenteuerlustigen aus den Zuseherreihen. Entscheiden darüber würde letzten Endes die community.
Vorbilder? Unsere Jungs schlafen übrigens seit ein paar Wochen auch draußen. Eingepackt in einen Schlafsack, seit dem vergangenen Schneefall wird eine zweite Decke darüber gezogen. Diskussion unerwünscht. Der Wille entschlossen. Sie wollen überschaubar beginnen, dieses Abenteuer Wildnis auch erleben und suchen jetzt nach dem dafür passenden Platz.
* In eigener Sache: Das ist übrigens meine erste TV-Kritik seit mehr als 20 Jahren. Als 18-Jährige schrieb ich in der Lehrredaktion einer Tageszeitung als Aspirantin u.a. wöchentlich Kritiken zu verschiedenen TV-Formaten. Heute hab ich mich wieder einmal dazu inspirieren lassen.
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